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Adipositastherapie im Wandel: Ersetzen Abnehmspritzen die Chirurgie?

Moderne Schlankheitsmittel wie GLP-1-Agonisten haben die Adipositastherapie revolutioniert und ermöglichen eine deutliche Gewichtsreduktion. Doch bei stark übergewichtigen Patientinnen und Patienten mit einem BMI über 35 können sie eine chirurgische Behandlung, etwa eine Magenverkleinerung, nicht ersetzen. Denn die durch Abnehmspritzen erzielte Gewichtsabnahme allein reicht bei sehr adipösen Menschen nicht aus.

Dennoch ist die medikamentöse Therapie ein wichtiger Fortschritt, der die Adipositaschirurgie sinnvoll ergänzt: Studien zeigen, dass GLP-1-Agonisten, vor einer Operation eingesetzt, deren Durchführung erleichtern und Komplikationen reduzieren. Ebenso kann eine medikamentöse Nachsorge helfen, eine erneute Gewichtszunahme zu vermeiden. Langfristig bleibt die Kombination von medikamentösen, endoskopischen, chirurgischen und verhaltenstherapeutischen Verfahren der beste Weg, um nachhaltige Therapieerfolge zu erzielen. Entscheidend ist ein multimodaler Behandlungsansatz, der individuell auf die Betroffenen zugeschnitten ist.

Adipositas ist eine chronische Erkrankung, deren Entstehung komplex und multifaktoriell ist. Eine wirkliche Heilung ist selten. So kommt es bei vielen Patient*innen nach dem Absetzen der Medikamente oder Ende ihrer Diät zu einer erneuten Gewichtszunahme. In Deutschland sind etwa zwei Drittel (67%) der Männer und die Hälfte (53%) der Frauen übergewichtig (Body-Mass-Index (BMI) ≥ 25 kg/m2). Im Jahr 2021 waren 16,8% der Erwachsenen mit einem BMI von 30 und mehr stark übergewichtig. [1] Ab einem BMI von 27 können Medikamente zur Gewichtsreduktion vom Arzt verordnet werden, wenn mindestens eine Begleiterkrankung vorliegt, die mit dem Übergewicht in Zusammenhang steht. Ohne Begleiterkrankungen gilt ein BMI von 30 als Richtwert.

Die Adipositaschirurgie wird in der Regel erst ab einem BMI von 40 kg/m2 eingesetzt“, sagt Professor Dr. med. Goran Marjanovic, Leiter der Sektion für Adipositas und Metabolische Chirurgie am Universitätsklinikum Freiburg. Auch bei Patient*innen mit einem BMI zwischen 35 und 40 kg/ m2 könne ein chirurgischer Eingriff erwogen werden, wenn Adipositas-assoziierte Begleiterkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck oder Schlafapnoe vorliegen, so der Viszeralchirurg. Laut Statista wurden in Europa im Jahr 2021 knapp 180.000 Operationen zur Bekämpfung von Übergewicht durchgeführt. [2] In Deutschland sind es etwa 20.000 Eingriffe pro Jahr. [3]

Moderne Abnehmspritzen: Fortschritt, aber keine Lösung für sich allein

Die Entwicklung von GLP-1-Agonisten und anderen modernen Abnehmspritzen hat die Adipositastherapie vor allem im BMI-Bereich zwischen 30 und 40 kg/m2 in den letzten Jahren stark verändert“, sagt der Adipositasexperte. Sie ermöglichen eine signifikante Gewichtsreduktion und können Begleiterkrankungen wie Typ-2-Diabetes positiv beeinflussen. Doch trotz vielversprechender Studien gibt es klare Einschränkungen: Der erzielte Gewichtsverlust ist oft nicht von Dauer. Die Langzeiteffekte der Medikamente sind noch nicht ausreichend erforscht. Zudem sprechen nicht alle Patient*innen gleich gut auf die Therapie an. Hinzu kommt: Die Kosten für eine lebenslange Behandlung sind hoch und die Finanzierung unklar.

Adipositaschirurgie: nach wie vor der Goldstandard bei hohem BMI?

Bariatrische Operationen sind nachweislich die effektivste Methode zur langfristigen Gewichtsreduktion mit 30% Gewichtsabnahme und mehr sowie zur Behandlung adipositasbedingter Folgeerkrankungen“ so Marjanovic. Sie reduzieren das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, Stoffwechselstörungen und bestimmte Krebsarten. „Die chirurgische Therapie ist bei bestimmten Eingriffen jedoch irreversibel und mit möglichen Risiken wie funktionellen Einschränkungen des Verdauungstrakts verbunden“, räumt er ein.

Frühzeitige Anbindung an spezialisierte Adipositaszentren

Medikamentöse Therapien ersetzen die Adipositaschirurgie nicht“, so Marjanovic. Sie sind eine wertvolle Ergänzung, doch langfristige Erfolge erfordern eine individuell angepasste Therapie. „Wir müssen das Potenzial der verschiedenen Verfahren kombinieren, ähnlich wie in der modernen Tumortherapie. Das könnte die Zukunft sein.“ Eine erfolgreiche Behandlung erfordere interdisziplinäre Zusammenarbeit und die frühzeitige Anbindung an spezialisierte Adipositaszentren. Statt einer Konkurrenz zwischen Medikamenten und Chirurgie sollte ein patient*innenorientierter, multi-modaler Ansatz im Mittelpunkt stehen.

Die personalisierte Medizin ist auf dem VormarschPersonalisierte, multidisziplinäre Therapieansätze wie in der Adipositastherapie werden den Bedürfnissen unserer Patientinnen und Patienten am besten gerecht und sind die Zukunft der Medizin“, sagt DGCH-Generalsekretär Professor Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen. Auch auf dem 142. Deutschen Chirurgie Kongress (DCK 2025), der vom 26-28 März in München stattfand, stand deshalb der fachübergreifende Austausch unter den chirurgischen Fachdisziplinen sowie mit Internisten, Intensivmedizinern, Anästhesisten, Radiologen und Pflegekräften im Zentrum der Veranstaltung.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e.V.:

Literatur

1. Anteile an der deutschen Erwachsenenbevölkerung nach Körpermaßen (BMI) und Altersgruppen im Jahr 2021, Statistisches Bundesamt, Dezember 2023

2. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1535703/umfrage/operationen-zur-gewichtsreduktion-nach-eingriff-in-europa/

3. https://www.aerzteblatt.de/archiv/adipositaschirurgie-073d795c-7bcc-44e9-b459-35911170b482

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